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FRAUENPOWER

Letterladys #3

Wider die unsägliche Qualität von zoom und Unterbrechungen aller Art schaffen wir uns einen Raum zum Gespräch. Hindernisse halten uns nicht auf 💪🏻.

A Quiet Passion

Zu Beginn sprechen wir noch einmal über den Film „A quiet Passion“. Das Porträt der amerikanischen Poetin Emily Dickenson. Christine hatte den Film besorgt und wir zwei hatten ihn gemeinsam geschaut. Und wir waren beide enttäuscht. Nicht über seine Ausstattung und seine Impressionen. Sondern darüber, dass von ihr, von Emily, nicht wirklich ein packender Eindruck übrig blieb. Der Film war schön. Doch genau genommen auch langweilig. Es ist ihm nicht gelungen, die Welt der Emily für uns wirklich zu erschließen. Denn, nach genauerem Hinsehen, drückt der Film wohl auch unausgesprochen eine tiefe Depression aus. Eine Erkrankung, die zur Lebenszeit von Emily Dickenson nicht bekannt bzw. medizinisch belegt war. Doch der Film stellt sie nicht dar.

Die Wand

Aufgrund dieses Gesprächs und des Themas Depression kam Christine auf das Buch, respektive den Film, „Die Wand“ zu sprechen. Stellt die hier beschriebene gläserne Wand die Mauer der Depression dar? Auf diesen Gedanken war ich selbst bisher nicht gekommen! Das Buch „Die Wand“ ist von Marlen Haushofer. Es erschien 1963. Im Jahr 2012 gab es eine Verfilmung mit Martina Gedeck in der Hauptrolle.

Ich hatte das Buch 1993 in Nicaragua entdeckt und gelesen und mich danach komplett verweigert. Mich hat diese Geschichte dermaßen aufgeregt und irgendwie so sehr „getroffen“, dass ich mich auf gar keinen Fall noch einmal mit dieser Thematik des Überlebens im eingeschlossenen Raum auseinandersetzen wollte. Obwohl der Film ausgesprochen gute Kritiken erhielt, habe ich ihn nie gesehen.

Der Inhalt des Buches wird in Wikipedia gut zusammengefasst.

Von Marlen Haushofer komme ich auf meinen Beitrag zu diesem Abend:

Unorthodox

Im Podcast „Alles gesagt“ von Zeit online hatte ich das Gespräch mit der Autorin Deborah Feldman gehört. Ich war sehr beeindruckt, zumal ich ihr erstes Buch „Unorthodox“ schon längere Zeit besitze, jedoch bisher nicht gelesen hatte. Deborah erzählt im Podcast von ihrer Kindheit in der ultraorthodoxen jüdischen Glaubensgemeinschaft der Satmarer in Williamsburg New York bis hin zu ihrer Flucht aus eben diesen Verhältnissen. Heute lebt die junge Frau mit ihrem Sohn in Berlin. Ihr Buch war 2012 in den USA erschienen und sofort ein Bestseller, doch dann nicht weiter veröffentlicht worden. Später siedelte sie nach Berlin um. Hier fand sie dann einen neuen Verlag, der das Buch nicht nur auf Deutsch, sondern inzwischen in 30 Sprachen herausbrachte. Im Interview schildert sie auch ihre Erlebnisse mit der japanischen Übersetzerin. Und die Ausgabe, die ich selbst besitze, ist im übrigen von dem renommierten deutschen Typografen Erik Spieckerman wunderbar gestaltet worden.

Alice Schwarzer

Durch Deborah Feldman und ihr vierstündiges Gespräch bei „Alles gesagt“ erzähle ich von weiteren Interviewten in diesem Podcast. Unter anderem schwärme ich vom Gespräch mit Alice Schwarzer. Bisher habe ich sie zwar sehr vielseitig wahrgenommen, jedoch auch immer mit einem Gefühl von „Oberfeministin“ belegt, hatte ich bis zu diesem Interview ein eher gespaltenes Verhältnis zu dieser ersten Feministen Deutschlands. Ich wurde hier von ihr schwer beeindruckt. Daraufhin bringt Christine eine Fernsehsendung ins Gespräch: Alfred Bioleck kochte am 28. April 2007 mit Alice Schwarzer bei „Alfredissimo“ Zitronenhuhn und Rote Beete in selbstgerührter Mayonnaise. Und Alice ver-kocht sozusagen die Mayonnaise … Ein in Erinnerung gebliebenes Erlebnis, jedenfalls die Art und Weise sei großartig gewesen, wie Alice Schwarzer mit dem Kochdesaster umgeht.

Am Rande von Alice Schwarzer geht es dann auch um das Zwiegespräch zwischen ihr und Verona Feldbusch. Am 26. Januar 2001 gab es eine Begegnung der beiden Damen bei Kerner, der wenig zu Wort kam. Verona Feldbusch, damals 33 Jahre, ging offensiv in das erste Aufeinandertreffen der beiden Frauen und hatte die Sympathien der Zuschauer im Studio Hamburg zunächst auf ihrer Seite. Alice Schwarzer, gerade 58, hingegen forderte etwas „mehr Niveau und keine Kirmesveranstaltung“. Während Feldbusch vor allem ein bisschen Spaß haben wollte, wurde sie von Schwarzer zur ernsthaften Diskussion herausgefordert. Claudia erinnerte sich an dieses Zwiegespräch. Es ist bestimmt sehenswert – auch aus unserer heutigen Perspektive.

Netflix

Ich komme noch einmal auf „Unorthodox“ von Deborah Feldman zurück. Denn inzwischen hatte ich mit Frank die von Netflix produzierte vierteilige Miniserie zu diesem Buch gesehen. In diesen kurzen Episoden wird die Geschichte von Deborah Feldman und ihr Buch filmisch in Szene gesetzt. Natürlich so, dass es mit dem wahren Leben nicht mehr übereinstimmt und die Autorin schützt. Nichtsdestotrotz ist die Serie bisher mehr als 200 Millionen (!) Mal gesehen worden. Sogar meine Töchter kennen sie. Und ich habe sie an einem Abend alle hintereinander weg geschaut. Konnte nicht aufhören und bin begeistert.

Unser Gespräch zeigt einmal mehr, dass das Thema der Emanzipation der Frau eine herausragende Rolle für uns einnimmt. Und so kommen wir noch, und auch aus aktuellem Anlass, auf eine weitere Netflix-Film-Produktion: „The Crown„. Am 9. April 2021 starb der englische Prinz Phillip mit 99 Jahren. Vielleicht auf Grund der Aktualität hatte Netflix seine in Eigenregie entwickelte Serie an den Mann, sprich an Frank gebracht. Und er hat mich in diese Serie mit hineingezogen. Denn sie ist wirklich gut umgesetzt: mit schöner Ausstattung, authentischen Szenen und viel Stille. Ich bin beeindruckt und empfehle wärmstens diese Serie Christine und Claudia.

Frauenpower

Zum Ende unseres Treffens stellen wir, fast ein bisschen erstaunt, fest, dass sich bemerkenswerte Frauen, die sich aus den unwahrscheinlichsten und krassesten Lebenssituationen heraus befreien, immer wieder im Bann unserer Gespräch finden.

Als Leseempfehlung und für das nächste Treffen empfiehlt Christine zum Schluss das Buch: „Americanah“ von Chimamanda Ngozi Adichie. Ich habe es von ihr geliehen bekommen und bin gerade beim lesen. Eine Nigerianerin, gut etabliert in Princton, Amerika, entscheidet sich dafür, wieder in ihre Heimat Lagos zurückzukehren. Sozusagen „gegen den Strom zu schwimmen“. Warum tut sie das?

Vielleicht erzähle ich das beim nächsten Treffen. Ich freue mich schon auf den 26. Mai 2021.

So viel Zeit muss sein – Letterladys #3 – Buch Die Wand
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