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Unorthodox

Buch #4

Ein Buch von Deborah Feldman, erschienen 2015 im Seccion-Verlag.

 

Interview – Buch – Film

Als „Verfolgerin“ des Podcasts „Alles gesagt“ von Zeit online hatte ich das Gespräch mit der Autorin Deborah Feldman gehört. Ich war sehr beeindruckt.

Beim Hören des Interviews fiel mir ein, dass ich ihr erstes Buch „Unorthodox“ schon längere Zeit besitze, jedoch bisher nicht gelesen hatte. In diesem Buch erzählt sie von ihrer Kindheit in der ultraorthodoxen jüdischen Glaubensgemeinschaft der Satmarer in Williamsburg, New York, bis hin zu ihrer Flucht aus eben diesen Verhältnissen. Was sie als selbstbefreienden Akt in Form eines Blogs begann, wurde im Weiteren ein spannendes und differenziertes Bild ihrer Kindheit in Form eines Buches. Es war 2012 in den USA erschienen und sofort ein Bestseller.

Ich kann mir gut vorstellen, dass sie mit der Entscheidung zur Flucht (ihren dreijährigen Sohn nahm sie mit) der extremen Armut und Einsamkeit in New York, der Unterstützung durch ihre Verlegerin und dem Zwang, in Manhattan zu wohnen, um vor einem „neutralen“ Gericht das Sorgerecht für ihr Kind zu erlangen, vielfach kapitulieren wollte. Auch der Erfolg ihres Buches ist nicht nur Bereicherung (in Form von finanzieller Freiheit), sondern auch gespickt mit Anfeindungen und Hass, oft unmittelbar auf der Straße. Sie flieht in die Anonymität aufs Land, um dann später nach Berlin umzusiedeln. In dieser Stadt lebt ihre Mutter.

Auch in Berlin ist sie Anfangs absolut einsam, entwickelt aber durch Neugier, Offenheit und Charme eine Kultur des Dialogs. Hier findet sie einen neuen Verleger, der ihr Buch auf Deutsch herausbrachte.

Ihre unkonventionelle und sehr offene Umgangsart mit fremden Menschen führt auch zu Begegnungen mit Maria Schrader und Alexa Karolinski. Mit ihnen entwickelt sie ihre Idee einer Filmserie, die schließlich als Miniserie bei Netflix produziert wird.

Das Spannende an dieser Serie, die in Berlin und New York spielt, ist vor allem die Sprache: Es wird in Jiddisch gedreht. Erstaunlicherweise ist das für mich als Zuschauerin überhaupt kein Problem. Ja, manchmal muss ich schmunzeln, wenn die jiddischen Wörter so einen „alt-‟deutschen Akzent haben und ich sie durchaus verstehe. Jedenfalls hat mich die Sprache eher noch näher in die Situation hineingebracht, als dass es mich gestört hätte.

 

Die Kurzzusammenfassung des Films von Wikipedia

„Die 19-jährige Esther „Esty“ Shapiro (geborene Schwartz) lebt im New Yorker Stadtteil Williamsburg in Brooklyn. Sie gehört der ultra-orthodoxen Religionsgemeinschaft der Satmarer Chassiden an und wächst bei ihrer Großmutter, einer Holocaust-Überlebenden aus Ungarn, auf. Esty geht auf Wunsch der Gemeinschaft eine arrangierte Ehe mit Yakov „Yanky“ Shapiro ein.

Die Ehe verläuft unglücklich, da das Paar sexuelle Probleme hat und Esther wegen anhaltender Schmerzen beim Geschlechtsverkehr nicht schwanger wird, so wie es von ihr erwartet wird. Ihr Mann Yakov möchte auf Druck der Familie die Scheidung, nicht wissend, dass Esther inzwischen doch ein Kind erwartet. An einem Sabbat verlässt Esther heimlich das Haus, um nach Berlin zu fliegen. Dort lebt ihre Mutter, die die Satmar-Gemeinschaft und somit auch ihr Kind schon früh verlassen hat, um ein selbstbestimmtes Leben als lesbische Frau zu führen.

In Berlin lernt Esther eine Gruppe Musikstudenten aus verschiedenen Ländern kennen und freundet sich mit ihnen an.

Während Esther in Berlin neue Freiheiten wie das Schwimmen im Wannsee und das Ausgehen für sich entdeckt, planen ihr Mann Yakov und dessen Cousin Moische, die ebenfalls nach Berlin fliegen, sie zurückzuholen. Esther erfährt von ihrer Mutter, dass diese sie nicht verlassen hat, wie Esther dachte, sondern ihr vor Gericht das Sorgerecht entzogen wurde. Außerdem versucht Esther, an der Musikakademie ihrer Freunde aufgenommen zu werden. Sie wollte zunächst im Fach Klavier antreten, entscheidet sich dann aber für das Singen.“

 

Der Film für mich

Mich hat die Umsetzung ihrer Geschichte als Film begeistert. Natürlich entspricht der Film nicht ihrer Biografie. Allerdings kann ich die Kritik am Film auch sehr gut nachvollziehen, werden doch alle Klischees über Juden und jüdisches Leben in Berlin bedient: Miethai, Frauenfeindlichkeit, Asexualität … trotzdem berührt mich der Film. Einziger Wermutstropfen: als Berlinerin ist der Schnitt zwischen den originalen Orten sehr anstrengend. Gerade am Kulturforum unterwegs steigt die Protagonistin im nächsten Moment in die U-Bahn Schönhauser Allee ein. Da musste ich mich manchmal kneifen.

 

Das Buch für mich

Die erste deutsche Buch-Ausgabe, die ich selbst besitze, ist im Übrigen von einem bekannten Berliner Typografen: Erik Spieckerman, zauberhaft gestaltet worden. Ganz im Stillen vermute ich, dass ihr Verlag (Secession-Verlag für Literatur) aus dem Stadtteil Neuköln, irgendwie mit dem Büro von Erik Spiekerman verbandelt ist. Ich nahm es in die Hand und blätterte und musste irgendwann unweigerlich im Impressum schauen, wer für die Gestaltung zeichnete. Das ist eher ungewöhnlich für mich. Inzwischen wurden von Deborah Feldman zwei weitere Bücher veröffentlicht. Allerdings ist sie damit zu Penguin Verlagshaus gewechselt.

Sowohl das Buch, als auch der Film haben mich schwer beschäftigt und begeistert. Und das Interview bei „Alles gesagt“ lege ich persönlich jedem ans Herz.

 

Meine Empfehlung: absolut lesens-, hörens- und sehenswert ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️ ⭐️

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