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Der stille Don

(F) Buch #1

Michael Scholochow, 1928 erscheint der 1. Band von insgesamt vier

Hintergründe, gerade auch zum Stalinpreis und Literaturpreis 1965 findest Du hier bei Wikipedia.

Der stille Don hat mich angesprungen, weil der Film im MDR lief, der Film von 1957 von Sergej Gerassimow, und weil ich beim Aufteilen der Bücher meiner Mutter dachte: könnte ich doch mal lesen. Weiß der Geier, wozu man solche alten Bücher liest. Nützt mir das etwas? Die Bilder von Filmplakaten rechts, die Jana rausgesucht hat, sagen, dass es um eine Liebesgeschichte geht. Sie bedienen (noch nicht mal unterschwellig) eine erotische Sehnsucht nach wilder, wahrer Liebe. Und das steckt in der Liebe zwischen Grigori und Aksinja, die die 1800 Seiten vom Anfang bis zum Ende durchzieht, auch tatsächlich drin.

Aber der Zauber des Buches liegt nicht in der Liebesgeschichte, sondern in der erst unmerklichen, dann wie eine Flut über das Leben sich ergießenden Zeitenwende, und wie sie erzählt wird. Wie die Leute versuchen, ihr normales Leben aufrechtzuerhalten, wie sie weiter säen und ernten, wenn sie können, wie die Frauen und die Alten die Arbeit der Männer übernehmen, um durch die verrückten Zeiten zu kommen, wie sie unentschieden sind, wem sie vertrauen sollen. Und am Ende, das weiß der Leser, kann kein Happy End stehen, denn die Sowjetmacht, die in diesem mit dem Stalinpreis ausgezeichneten Buch nicht besonders gut wegkommt, steht erst am Anfang, hat ihre eigenen Nöte, schickt Beschaffungskommandos über Land, die den Bauern und den Kosaken das Korn wegnehmen. Und die tun genau das, was man ihnen vorwirft: sie vergraben und verstecken, was sie können. 

Es wird viel erschossen und niedergesäbelt (um Munition zu sparen), auch Grigori hat viele Menschenleben auf dem Gewissen, auch wenn er sein Kerbholz eher in den Schlachten erst des Weltkrieges, dann des Bürgerkrieges füllt, nicht in den Erschießungskommandos.

Es ist ein Buch, das erzählt was war, nicht verurteilt, keiner Seite wirklich den Vorzug gibt, außer dass es eher auf der Seite der einfachen Leute steht, von der Perspektive her gesehen. 

Und trotz aller Brutalität ist es ein liebevolles Buch, mit großer Hingabe ans Detail, auch wenn nirgendwo (!) beschrieben wird, wo die Hektoliter von Selbstgebranntem, die sie sich in den Hals schütten, herkommen und wie man ihn herstellt. 

 

SovielZeitmusssein – Frank – Buch #1 – Filmplakat "Der stille Don" von Michael Scholochow
SovielZeitmusssein – Frank – Buch #1 – Filmplakat zum 3. Teil